Statement

2018-06-12T01:33:51+02:00 Mai 9th, 2018|Gedanken|

Warum sich heute noch der Malerei widmen? (… da es doch jede Menge Möglichkeiten zur Herstellung von Bildern gibt)

1.  Der Körper der Farbe

„Klötze“ 1995, ca. 30 X 10 X 15 cm
Tempera, oil and wax on wood

Sobald man ein Bild zu malen beginnt, stellt man auch einen Körper her. Einerseits ist ein gemaltes Bild eine Materialansammlung, andererseits zeigt sich durch die Malerei der spezifische Charakter dieses Körpers. Er ist in einer bestimmten, ihm eigentümlichen Weise geladen. Diese Ladung kann unterschiedlicher Natur sein. In jedem Fall aber ist sie davon abhängig, welche malerischen Mittel eingesetzt werden.

Ich habe 1984/85 damit begonnen, für kleine vollplastische Arbeiten Holzstücke als Bildträger zu verwenden, die ja an sich Stücke eines gewachsenen Ganzen sind und durch die Bemalung aller Seiten wieder zu einer Einheit werden. Dabei liegen die Farben als Haut (eben auch als Material und nicht nur als Farbqualität) um das Stück und schließt es als Körper ab. Die dem Holz innewohnende Dynamik, das Gewachsensein, bleibt aber wegen der Art des Farbauftrags deutlich. Und durch die Organisation der Farben auf solch einem Bild kann beispielsweise ein ganz anderer Raum sichtbar werden, als es die dreidimensionale Vorgabe des Bildträgers erwarten lässt. Das ist doch eine Art Energie, die da den Raum macht. Das Bild als Batterie!

So gesehen erzeugt die Farbe eben eine Ladung (jetzt nämlich als Farbqualität), jene Ladung, die die Ausdehnung der Holzstücke überwindet und sich von ihrem Körper loslöst. (…)

Es hat dabei wenig Sinn die Natur nachzuahmen, sie formal zu imitieren. Es geht mir darum, das Werden eines Bildes zu thematisieren und mit den Möglichkeiten der Farbe zu erarbeiten. Nur in Bezug auf den Entstehungsprozess lässt sich ein vollständiges Ganzes erreichen, in Bezug auf die Natur immer nur ein Ausschnitt. Das hat mich nie interessiert.

2. Farbe und Raum

Exhibition view Basel, Switzerland 2012

Von der Haut zum Raum

Man kann visuelle Wahrnehmung im Prinzip als die Wahrnehmung von Farben und Formen verstehen. Mit unseren Augen differenzieren wir Farben und Formen und erkennen scheinbar Dinge.

Wenn man ein Bild malt ist die Farbe zuerst einmal Material (Ölfarbe zum Beispiel)

Man arbeitet also mit Materialien um eine immaterielle Qualität zu erreichen. Neben anderen, ebenfalls eindrucksvollen Eigenschaften eröffnet einem die Malerei die Möglichkeit Raum zu erfahren. Die Wechselwirkung von Farben kann eine Raumillusion erzeugen.

Ist das wirklich eine Illusion?

Durch die Farbe werden Dinge zu Bildern, Bilder sind immer auch Weltbilder

  • Möglichkeit zur Raumerfahrung: Das gemaltes Bild ist ein dreidimensionales Ding.
  • Möglichkeit zur Raumerfahrung:Das gemaltes Bild kann eine räumliche Illusion erzeugen.
  • Möglichkeit zur Raumerfahrung: Das gemalte Bild nimmt durch seine Verortung Bezug zum übrigen Raum auf

3.  Malerei als Methode zur Selbsterkenntnis

Oubliette, 2011, 77 X 48 cm
Glass painting, metal-coated

Das Wort Reflexion bezeichnet entweder ein  optisches Phänomen, oder aber es meint: sich Gedanken machen. Viele Künstler haben sich damit auseinandergesetzt. Von Diego Velazques bis Gerhard Richter. Von der Erkenntnis zur Selbsterkenntnis und zurück. Das war und ist immer spannend.

Und vielleicht ist das erste Bild ja auch ein Spiegel gewesen: Der Neandertaler erkennt zum ersten Mal sein Gesicht in der Pfütze! -Wow!- Wenig später muss Narziss erfahren: Du sollst Dich nicht in Dein Spiegelbild, in Deine Reflexion verlieben. Aber Das ist eine andere Geschichte, oder?

4.  Kunst ist, wenn der Wille singt

“Fortschrittsbäumchen” 2011, 70 X 24 X 24 cm
tempera, oil on wood

Inspiration?

Mach ein Bild ohne erklärtes Ziel. Der Zweck ist, dass das Bild sich selbst malt

  •  Trojaner

Ouroboros, 2010, 120 X 60 X 40 cm
Ölfarbe, Tempera und Wachs auf Sperrholz-Chassis

Meine Skulpturen nenne ich zum Beispiel “Trojaner”. Sie sind 3D-Farbfeldmalereien. Man kann sie als Möbel benutzen, aber so sehen sie nicht aus. Alle Öffnungsmöglichkeiten verstecken sich innerhalb der Farbkomposition. Alle Seiten sind gefasst. Sie erscheinen als ganz gewöhnliche gefasste Skulpturen. Die Bezeichnung “Trojaner” offenbart ihre Zwillingsnatur. Denn wenn Betrachter sich nähern, können sie über die Farbräumlichkeit hinaus weitere Eigenschaften entdecken. Die Nutzbarkeit als Möbel.

Ouroboros, 2010, 120 X 60 X 40 cm
Ölfarbe, Tempera und Wachs auf Sperrholz-Chassis

Durch die Möglichkeit zur profanen Nutzung wird dem Betrachter eine Brücke zur reinen Malerei gebaut.

  •  Tafelbilder

Robur , 2004, 89 X 144 cm
oil-paint, tempera and wax on plywood – chassis

Alle Bilder erscheinen gerahmt. Dieser Rahmen schafft die Illusion eines Blickes, wie durch ein Fenster. Doch der Rahmen selbst ist eine Illusion. Werden in der Diskussion von Malerei die dreidimensionalen, körperlichen Eigenschaften der Bilder oft vernachlässigt, lenkt die illusionistische Rahmung die Aufmerksamkeit auf das zu erfahrende Objekt.

Meine Bilder stellen nichts anderes dar als Bilder.

Schöne Aussicht,2013,144 X 233 cm
oil-paint, tempera and wax on plywood – chassis